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Beckmann, Max

Lehrer an der Ffter Kunstgewerbeschule von 1925 bis 1933.

Max Beckmann

Max Beckmann
Porträtfotografie von Nini und Carry Hess (1927).

© Institut für Stadtgeschichte, Ffm. (Sign. S7P Nr. 850).
Max Beckmann (Selbstporträt mit Sektglas, 1919)

Max Beckmann
Selbstbildnis mit Sektglas (1919; Städel Museum, Ffm., Inventarnummer 2535).
© CC BY-SA 4.0 Städel Museum, Frankfurt am Main.

Beckmann, Max Carl Friedrich. Maler, Druckgrafiker und Plastiker. * 12.2.1884 Leipzig, † 27.12.1950 New York.
Frühe Kindheit in Leipzig. 1895 Umzug nach Braunschweig. Schulbesuch in Braunschweig, Königslutter und im Internat in Gandersheim. Ablehnung der Bewerbung an der Dresdener Akademie. Von 1900 bis 1903 Kunststudium an der Großherzoglichen Kunstschule in Weimar, wo B. Ugi Battenberg aus Ffm. und Minna Tube (1881-1964) kennenlernte, die beide ebenfalls Malerei studierten. 1903 Aufenthalt in Paris. 1904 Übersiedlung nach Berlin und erstes Atelier in Berlin-Schöneberg. 1906 erste Ausstellung bei der Berliner Secession, Heirat mit Minna Tube, Stipendium an der Villa Romana in Florenz, erster Museumsankauf (in Weimar). 1907 Bau eines Hauses mit Atelier in Berlin-Hermsdorf. 1908 Geburt des Sohnes Peter (1908-1990), Mitglied der Berliner Secession. Noch vor dem Ersten Weltkrieg zahlreiche Ausstellungsbeteiligungen, erste Einzelausstellungen, Kontakte zu wichtigen Kunst- und Grafikhändlern (Reinhard Piper, I. B. Neumann, Paul Cassirer), erste Publikation über B. Ab September 1914 freiwilliger Krankenpfleger in einem Lazarett in Ostpreußen. Seit 1915 freiwilliger Sanitätssoldat in Belgien, dort im Sommer physischer und psychischer Zusammenbruch, Beurlaubung. Im Oktober 1915 ging B. nach Ffm., wo er Aufnahme bei seinem Studienfreund Ugi Battenberg und dessen Ehefrau Fridel in der Schweizer Straße 3 in Sachsenhausen fand. Damit begann ungeplant ein mehr als 17-jähriger Aufenthalt in Ffm. In den folgenden Jahren intensive künstlerische Betätigung, Museumsankäufe, Ausstellungstätigkeit, erneute Publikationen über B. 1925 Scheidung von Minna B.-Tube und Heirat mit Mathilde, gen. Quappi, von Kaulbach (1904-1986). Ab Oktober 1925 Anstellung an der Ffter Kunstgewerbeschule, dort Bezug eines Meisterateliers. 1929 Ehrenpreis der Stadt Ffm. Am 15.4.1933 Entlassung B.s an der Kunstgewerbeschule durch die Nationalsozialisten und Entfernung seiner Bilder aus der Schausammlung der Städtischen Galerie; B. zog daraufhin nach Berlin. 1937 Übersiedlung nach Amsterdam; die geplante Weiterreise in die USA scheiterte an Visumproblemen. Unter der Besatzung der Niederlande durch die Wehrmacht von 1940 bis 1945 war B.s Aktionsradius beträchtlich eingeschränkt, doch erhielt er kein Malverbot. Im Sommer 1947 erstmals Überfahrt in die USA. Von 1947 bis 1949 Lehrauftrag an der Kunstschule der Washington University in St. Louis. 1948 kurze Rückkehr nach Amsterdam zur Auflösung der dortigen Wohnung. 1949 Umzug nach New York, Beginn der Lehrtätigkeit an der Art School des Brooklyn Museums. 27.10.1950 plötzlicher Tod durch Herzversagen bei einem Spaziergang in Manhattan.
Nach seinem schweren nervlichen Zusammenbruch beim Dienst als Lazarettsoldat an der Westfront in Belgien erschien B. im Oktober 1915 mitten in der Nacht spontan und unangekündigt zu einem Besuch bei seinem Studienfreund Ugi Battenberg in Ffm. Er war zunächst ganz offensichtlich nicht in der Absicht gekommen, dauerhaft in der Stadt zu bleiben. Nachdem er einige Zeit später noch einmal für drei Wochen an seinen letzten Dienstort Straßburg zurückbeordert worden war, erschien er erneut bei den Battenbergs und kündigte an, bei ihnen bleiben zu wollen. (Vgl. Bericht von Fridel Battenberg.) Über B.s Beweggründe, sich dann doch in Ffm. anzusiedeln, wurde viel spekuliert. Der wohl wichtigste Grund dürfte gewesen sein, dass Ugi Battenberg, der durch Dienst in der Militärverwaltung anderweitig sehr in Anspruch genommen war, dem Freund schon bei dessen erster Ankunft sofort sein verwaistes Atelier im Dachgeschoss des Hauses Schweizer Straße 3 überließ. B. hatte daher vom ersten Tag seines Aufenthalts in Ffm. an die Möglichkeit, wieder künstlerisch zu arbeiten, nachdem er sich während seines Kriegseinsatzes weitgehend auf Zeichnen hatte beschränken müssen. Die Herzlichkeit, mit der die Battenbergs ihn aufnahmen, tat ein Übriges. Auch fand B. an der Ffter Stadtlandschaft, insbesondere am nahen Main, den er in den ersten Ffter Jahren oft zum Thema seiner Bilder machte, schnell großes Gefallen. Zudem erschien ihm die Stadt für seine Ansprüche weltläufig genug zu sein; er schätzte Ffm., weil „alles so hübsch beieinander lag, der großstädtische Betrieb und die altertümliche Enge“. Spekulieren ließe sich des Weiteren, ob sein Status als Militärangehöriger, aus dem er erst 1917 entlassen wurde, seine Bewegungsfreiheit eingeschränkt und seine Rückkehr nach Berlin, wo er in seinem Haus ebenfalls ein (allerdings kaum beheizbares) Atelier besaß, verhindert haben könnte. Hinzu kam, dass B. sich durch die familiären Verpflichtungen, die er in Berlin hatte, für die anstehende entscheidende künstlerische Auseinandersetzung zu stark eingeengt gefühlt haben könnte.
In die ersten Jahre seines Ffter Aufenthalts fällt die durch die Kriegserlebnisse ausgelöste entscheidende Transformation in der Entwicklung von B.s Gesamtwerk. B. ließ die impressionistische Grundierung seines Frühwerks jetzt endgültig zurück und erarbeitete sich unter der frischen visuellen Erfahrung im dramatischen Geschehen an der Front, das ihn gleichermaßen traumatisiert wie künstlerisch in höchstem Maße inspiriert hatte, einen ganz neuen, eigenständigen und unverkennbaren Stil. Zunächst verlegte er sich stark auf die Produktion von Druckgrafik (Lithografie, Radierung, Holzschnitt), deren Auflagen vor allem von Reinhard Piper verlegt und vertrieben sowie in zahlreichen Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen öffentlich präsentiert wurden und die weite Verbreitung fand. Ölgemälde entstanden zunächst nur wenige, doch waren diese Stücke von größter Bedeutung für das Gesamtoeuvre von B. Zur Serie dieser frühen Ffter Arbeiten gehören Hauptwerke von B., so die „Kreuzabnahme“ (und einige weitere biblische Sujets), „Selbstbildnis mit rotem Schal“, „Die Nacht“ und „Die Synagoge“. Öffentlich zu sehen waren einige dieser herausragenden Arbeiten erstmals in einer kleinen Ausstellung im Juni 1919 in der Buchhandlung von Heinrich Tiedemann und Mario Uzielli in der Schillerstraße 15, die dort von der „Vereinigung für Neue Kunst Ffm.“ veranstaltet wurde.
Eine Besonderheit in B.s Gesamtwerk stellen seine Ansichten von Ffm. dar, zunächst in Druckgrafiken wie der Radierung „Mainlandschaft“ (1918), einem winterlichen Panorama der Schönen Aussicht (1920), einer Ansicht der als Ersatz für die abgetragene Alte Brücke dienenden Behelfsbrücke (1922) oder „Der Morgen“ (1923), schließlich auch in mehrfachen druckgrafischen Bearbeitungen des Inhalts von eigenen Gemälden. Beginnend mit der „Landschaft mit Luftballon“ (1917) schuf B. mehr als ein Dutzend zum Teil sehr bedeutender Ansichten von Ffm. auch in Öl, insbesondere „Die Synagoge“ (1919), „Das Nizza“ (1921), „Der Eiserne Steg“ (1922), „Der Eisgang“ (1923), einige Ansichten aus dem Stadtrandgebiet von Sachsenhausen (etwa „Der Wendelsweg“, 1928) sowie schließlich bereits in Amsterdam aus dem Gedächtnis heraus den „Hauptbahnhof“ (1942) u. a. Dabei ging es B. kaum um lokale Belange; für ihn wurde die städtische Landschaft zum Anlass, eigene und universelle innere Bildvorstellungen zu realisieren.
Sehr zahlreich sind auch die Porträts, die er in allen Gattungen – Durchgrafik, Zeichnung, Pastell, Öl – von Personen seines unmittelbaren Ffter Umfelds angefertigt hat. Schon die ersten Arbeiten waren seinen Freunden Ugi und Fridel Battenberg gewidmet, bald auch weiteren Personen dieser mehr häuslich-familiären Sphäre, insbesondere Fridels Bruder Walter Carl, dem frühesten Ffter B.-Sammler. Wenige Jahre später wuchs B. aus diesem privaten Freundeskreis heraus und verkehrte bald in den höchsten gesellschaftlichen Kreisen, aus denen er intensive Förderung, etwa durch Ankäufe für private Kunstsammlungen und publizistische Unterstützung, erhielt. Entsprechend tauchen diese Personen häufig in seiner künstlerischen Produktion auf, u. a. Städeldirektor Georg Swarzenski, dessen Ehefrau Marie, geb. Mössinger, Heinrich Simon (Besitzer der Ffter Zeitung) und Ehefrau, Lilly von Schnitzler (B.s wichtigste und einflussreichste Ffter Sammlerin), Fritz Wichert (Direktor der Ffter Kunstgewerbeschule), der Jurist Ernst Levi (ehrenamtlicher Kulturpolitiker) und zahlreiche andere Persönlichkeiten der Stadtgesellschaft. Konkret identifizierbare historische Personen aus B.s Ffter Umfeld bestücken immer wieder auch seine Bildkompositionen mit religiösen oder mythologischen Szenen oder phantasierten Konstellationen einer Gesellschaft: etwa das Dienstmädchen der Battenbergs, Klara, auf der „Kreuzabnahme“ (1917) oder der Ffter Bankier L. Albert Hahn und der Industrielle und Musikaliensammler Paul Hirsch auf der großen Komposition „Gesellschaft Paris“ (1925; überarbeitet 1931 und 1947). Einer der engagiertesten Ffter Förderer, der schon seit den frühen Zwanzigerjahren über B. und dessen Schaffen geschrieben hat, war der Publizist Benno Reifenberg.
Das Jahr 1925 brachte privat und beruflich eine Zäsur in B.s Leben. B. hatte im Jahr zuvor Mathilde, gen. Quappi, Tochter des Münchener Malerfürsten Friedrich August von Kaulbach, kennengelernt. Sehr bald verliebte er sich in die um 20 Jahre jüngere Frau und reichte, um sie heiraten zu können, die Scheidung von Minna B.-Tube ein. Nach der Eheschließung am 1.9.1925 übersiedelte Quappi nach Ffm. Das Paar lebte im Winter 1925/26 zunächst im Hotel Metropol am Hauptbahnhof, bis das neu erbaute Haus Steinhausenstraße 7 bezugsfertig wurde, wo die beiden zur Miete einzogen (1926). Zuvor hatte B. mit kurzen Unterbrechungen 1919/20, als er zwischenzeitlich in der Westendstraße 27, dann am Untermainkai 3 bei Heinrich Simon gemeldet war, im Haus Schweizer Straße 3 gewohnt, wo er die gesamte Ffter Zeit über auch sein Atelier beibehielt. Das Haus Schweizer Straße 3 gehörte bis 1919 Fridel Battenbergs Vater, dem Kaufmann Julius Carl, danach einer Familie Wohl. Quappi war für B. eine unerschöpfliche Quelle künstlerischer Inspiration. Sehr oft erschien sie in der Folge auf seinen Gemälden – in Einzelporträts, in Paardarstellungen gemeinsam mit B. oder anderen Personen, aber auch in Bildern mythologischen Inhalts.
Im Oktober 1925 wurde B. an der städtischen Kunstgewerbeschule angestellt. Deren Direktor Fritz Wichert hatte sich um ihn bemüht, um das Renommee der Schule zu steigern, die von ihm im Geist des Bauhauses und als integraler Bestandteil des von Ernst May initiierten Neuen Fft.s sehr erfolgreich reorganisiert wurde. B. erhielt ein Jahresgehalt von 8.400 Mark (damals ein sehr solides mittelständisches Einkommen) und bekam ein „Meisteratelier“, womit er relativ unabhängig blieb und kein fest definiertes Lehrdeputat zu erfüllen hatte. B. kam eher selten „zur Korrektur“ in die Schule; sein Schülerkreis blieb klein, und seine Wirkung als Lehrer war daher nicht im eigentlichen Sinne schulbildend. Bemühungen Wicherts 1929, B. den Professorentitel zu verleihen, scheiterten an den Kultusbehörden.
B. betrieb von früh an eine umfängliche Ausstellungstätigkeit, die sich während seiner Ffter Jahre beträchtlich intensivierte. Einzelne Arbeiten oder größere Konvolute waren zu dieser Zeit in ganz Deutschland, in zahlreichen europäischen Metropolen und vielfach bereits in Amerika beständig zu sehen (insgesamt bei jährlich über 20 Veranstaltungen um 1930). Die wichtigsten Händler B.s, die die massive Präsenz seines Werks wesentlich vorantrieben, waren Reinhard Piper als Grafikverleger, Paul Cassirer, I. B. Neumann, Günther Franke und Curt Valentin, die u. a. von München, Berlin und New York aus international agierten. B. hatte neben dem Gehalt von der Kunstgewerbeschule daher noch beträchtliche Einnahmen aus Verkäufen. Angesichts der weiten Verbreitung von B.s Oeuvre schon vor dem Ersten Weltkrieg kam seine Premiere in Ffm. vergleichsweise spät: Erst im März 1917 waren Arbeiten von B. zum ersten Mal in der Stadt zu sehen, und zwar sechs Radierungen im Rahmen einer Gruppenausstellung bei Ludwig Schames. Während seiner Ffter Zeit präsentierte B. seine Arbeiten auf insgesamt 18 Ausstellungen in der Stadt, meist durch Ausstellungsbeteiligungen mit mindestens einem Werk; größere Einzelausstellungen veranstaltete der Ffter Kunstverein 1921, 1924 und 1929. Mehrfach wurden aktuelle Arbeiten gezeigt im Kabinett von Peter Zingler (1920, 1922 u. Beteiligung Zinglers an der Ausstellung des Kunstvereins 1924) und bei Manfred Schames, dem Neffen und Geschäftsnachfolger von Ludwig Schames (1928 und 1929); schließlich war B. mit sechs Gemälden und 17 Papierarbeiten auf der 1931 von Fritz Wichert im Städel veranstalteten großen Überblicksausstellung zur modernen Kunst in Frankreich und Deutschland („Vom Abbild zum Sinnbild“) vertreten.
Die deutlichste öffentliche Präsenz hatten B.s Werke jedoch in der Schausammlung des Städel. Beginnend mit dem Ankauf der „Kreuzabnahme“ im Jahr 1919 erwarb Swarzenski über verschiedene Wege bis 1932 insgesamt 13 Gemälde und eine Anzahl von Papierarbeiten von B. für die Städtische Galerie im Städel, darunter so bedeutende Arbeiten wie „Das Nizza“ (1921), das Selbstbildnis mit Quappi („Karneval“), das B. anlässlich der Hochzeit 1925 gemalt hatte und das Swarzenski sofort ankaufte, und das große querformatige „Stillleben mit Saxofonen“ (1926). Der Künstler selbst schenkte 1924 das Doppelporträt von Marie Swarzenski, der Ehefrau des Direktors, und Carola Netter. Im Jahr 1930 malte B. als Auftragswerk ein weiteres querformatiges Stillleben mit Musikinstrumenten (im Format 84 x 367 cm), das als Supraporte in der neu errichteten Friedrich-Ebert-Schule am Bornheimer Hang angebracht wurde.
Anfang der Dreißigerjahre begannen sich B.s Bindungen an Ffm. zu lockern. Schon 1929 hatte B. in Paris ein Atelier gemietet und sich seitdem vorzugsweise in den Wintermonaten dort aufgehalten, sodass er den größten Teil des Jahres von Ffm. abwesend war. Zur „Korrektur“ an der Kunstgewerbeschule kam er im Abstand von Wochen eigens angereist. Wichert kritisierte B.s mangelnde Präsenz an der Schule, was diesen am 26.10.1931 veranlasste, den erst im Jahr zuvor verlängerten Vertrag zu kündigen. Wichert wollte ihn ziehen lassen, doch folgten Interventionen von Swarzenski, Oberbürgermeister Ludwig Landmann, Kulturdezernent Max Michel u. a., die darauf hinwirkten, dass Wichert nachgab und B. der Schule weiterhin erhalten blieb. Schon 1932 gab B. aus finanziellen Gründen sein Atelier in Paris auf, doch mietete er bereits Ende desselben Jahres eine Wohnung im Tiergartenviertel in Berlin an. Entgegen der Behauptung Göpels (Kat. d. Gemälde 1976, Bd. I, S. 22), B. sei mit seiner Frau schon im Januar 1933 nach Berlin gezogen, zeigen B.s Briefe, dass er sich noch im März in Ffm. aufgehalten hat [Beckmann: Briefe II (1994), S. 234 und Kommentar von Stephan von Wiese, S. 430 u. 431]. Zum 15.4.1933 wurde B. „zum Zwecke der unumgänglichen Ersparnis an Personalausgaben“ die Stellung an der Kunstgewerbeschule gekündigt. Hintergrund waren jedoch – ebenso wie bei der zeitgleichen Entlassung von Wichert, Willi Baumeister und anderen Lehrern, aber auch bei Swarzenski, der seine städtischen Ämter verlor – kulturpolitische Anfeindungen der jetzt etablierten nationalsozialistischen Machthaber in Staat und Stadtverwaltung. B. verließ Ffm. daraufhin vermutlich im Mai 1933 und übersiedelte mit seiner Frau zunächst nach Berlin in die dort bereits vorhandene Wohnung.
B.s Werke mussten in der Schausammlung des Städel wie in allen anderen Museen Deutschlands abgehängt werden; auch das Supraportenbild in der Friedrich-Ebert-Schule wurde entfernt. Im Rahmen der Aktion „Entartete Kunst“ wurden 1937 zahlreiche Arbeiten B.s in den Museen beschlagnahmt. Rechtzeitig zuvor hatte B. seine Schenkung des Doppelporträts von Marie Swarzenski und Carola Netter an das Städel zurückgezogen, wodurch das Bild dieser Maßnahme entging. Die beiden vor dem Ersten Weltkrieg entstandenen Gemälde – ein Selbstbildnis (1905) und „Wasserturm in Hermsdorf“ (1909) – fielen nicht unter das Verdikt und blieben dem Städel erhalten. Die zehn übrigen Gemälde B.s sowie 107 Druckgrafiken und drei Zeichnungen aus der Graphischen Sammlung wurden beschlagnahmt. Einige davon, u. a. die „Kreuzabnahme“, wurden im Sommer 1937 auf der Ausstellung „Entartete Kunst“ in München gezeigt.
Für B. wurden diese Ereignisse in München zum Anlass, Deutschland zu verlassen. Er ging nach Amsterdam. Sein Plan, in die USA weiterzureisen, wo er künstlerisch seine Zukunft sah, scheiterte vorerst an Visumproblemen, sodass er ab 1940 unter der deutschen Besatzung in den Niederlanden leben musste. B. blieb auch unter diesen Umständen künstlerisch hoch produktiv. Während seiner Amsterdamer Zeit erhielt er bis in die Kriegsjahre hinein Unterstützung auch aus dem seinerzeit in Ffm. aufgebauten Kontaktnetz, so von Stephan Lackner, den B. noch in Ffm. kennengelernt hatte, der als Jude aber unterdessen selbst hatte emigrieren müssen und der nun eine der größten B.-Sammlungen aufbaute, oder vom Besitzer der Bauerschen Gießerei und Kunstsammler Georg Hartmann, der ihn bereits 1917 bei einem gemeinsamen Gang durchs Liebieghaus zur Schaffung der „Kreuzabnahme“ inspiriert hatte und der ihn jetzt (ab 1941) durch Mittelsmänner diskret beauftragte, die biblische Apokalypse und Goethes „Faust II“ zu illustrieren. B. erhielt auch Besuche aus Ffm., etwa vom Nachfolger Swarzenskis am Städel, Ernst Holzinger, und von Lilly von Schnitzler, die noch bis in den Krieg hinein seine Werke für ihre Sammlung kaufte. Außerdem hatte B. in Amsterdam Umgang mit Emigranten aus Ffm., u. a. mit Rudolf Heilbrunn.
Nach Kriegsende gelang B. die Übersiedlung in die USA, wo er an Kunstschulen in St. Louis und New York tätig wurde. Bemühungen, ihn wieder an die Städelschule zu holen, verfolgte B. mit Sympathie, doch führten sie nicht zum Erfolg. B. kam nie mehr nach Deutschland. Wenige Tage vor seinem Tod am 27.12.1950 porträtierte B. noch einmal Georg Swarzenski, der seit seiner Emigration 1938 in Boston lebte. Diese Zeichnung war sozusagen das letzte von B.s Fft.-Bildern und befindet sich heute im Städel.
Von den 1937 im Städel beschlagnahmten Gemälden sind drei bis heute verschollen, sechs befinden sich anderweitig in Museums- oder Privatbesitz, u. a. die „Kreuzabnahme“ im Museum of Modern Art in New York, „Das Nizza“ im Kunstmuseum Basel und „Karneval“ im Museum Kunstpalast in Düsseldorf. Eine der betroffenen Arbeiten, das „Stillleben mit Saxofonen“, konnte 1955 zurückerworben werden; das von B. zurückgezogene Doppelbildnis kam bereits 1951 ebenfalls wieder ans Städel. Das Bild aus der Friedrich-Ebert-Schule hingegen ist verschollen.
Das Städel begann bald nach dem Krieg mit dem Neuaufbau einer B.-Sammlung. Fridel und Ugi Battenberg stifteten dem Haus ihren umfangreichen Besitz an B.-Grafik; weitere Arbeiten auf Papier wurden seither kontinuierlich dazu erworben. Bei den Gemälden blieben dem Städel zwei frühe Arbeiten B.s, die in den Zwanzigerjahren angekauft worden waren, über die NS-Zeit hinweg erhalten. 1951 wurde als erstes Ölgemälde nach dem Krieg der „Zirkuswagen“ (1940) gekauft. Seither wurden neun weitere Ölgemälde erworben, darunter 1972 in einer populären Spendenaktion „Die Synagoge“ (1919) und 2020 das „Selbstporträt mit Sektglas“ (ebenfalls 1919). Hinzu kommen drei weitere Gemälde als Dauerleihgaben, sodass das Städel heute (2021) 15 Arbeiten B.s in Öl besitzt. Zwei Plastiken des Künstlers (davon eine als Leihgabe) runden den B.-Bestand im Städel ab.
In der Nachkriegszeit wurde B. auch durch eine Reihe von Ausstellungen in Ffm. wieder intensiv gewürdigt. Die wichtigsten waren 1947 im Städel, 1965 im Kunstverein, 1981 mit neun von zehn Triptychen im Städel, zum 100. Geburtstag 1983/84 über seine Ffter Jahre im Städel, anlässlich der Eröffnung des Städelerweiterungsbaus 1990/91 eine große Gemäldeausstellung im Städel, 2006 die Ausstellung der Aquarelle und Zeichnungen in der Schirn Kunsthalle und 2011/12 über „Max B. & Amerika“ im Städel sowie 2015 unter dem Titel „Max B. kommt nach Fft.“ mit Druckgrafik aus der Ffter Zeit (1915-25) im ISG im Karmeliterkloster.
Gedenktafel (von Georg Krämer, 1964) in der Schweizer Straße 3 in Sachsenhausen, wo B. während der gesamten Ffter Jahre sein Atelier hatte und zeitweise auch wohnte.
Max-B.-Straße in Sachsenhausen. Max-B.-Schule, ein Oberstufengymnasium, in Bockenheim. Seit 1978 Max-B.-Preis der Stadt Ffm., der im Wechsel mit dem Goethe- und dem Theodor-W.-Adorno-Preis alle drei Jahre vergeben wird.

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Andreas Hansert.
Artikel in: Frankfurter Biographie 1 (1994), S. 52f., verfasst von: Vera Wabra.

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Hinweis: Zur Gedenktafel für Max Beckmann in Ffm., Schweizer Straße 3.
Kunst im öffentl. Raum Fft., 4.3.2024.
| Internetmagazin „of scholarship in the arts and humanities“, Emory College of Arts and Sciences, Druid Hills bei Atlanta/Georgia (USA). http://nonsite.org/article/the-conditions-of-interpretation-a-reception-history-of-the-synagogue-by-max-beckmann
Hinweis: Artikel von Amy K. Hamlin: The Conditions of Interpretation: A Reception History of The Synagogue by Max Beckmann (2012).
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| Werkverzeichnis Max Beckmann – Catalogue Raisonné der Gemälde, Hg.: Franz-Dieter und Michaela Kaldewei Kulturstiftung zur Förderung des Expressionismus, Ffm., Projektleitung: Anja Tiedemann, Jork-Königreich. https://www.beckmann-gemaelde.orgWerkverzeichnis Max Beckmann, 11.6.2021. | Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. https://de.wikipedia.org/wiki/Max_BeckmannWikipedia, 9.11.2015.

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Empfohlene Zitierweise: Hansert, Andreas: Beckmann, Max. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/1537

Stand des Artikels: 5.3.2021
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 11.2015.